Marktberichte 18.10.2022
WIRTSCHAFTLICHE ENTWICKLUNG IM IHK-BEZIRK FRANKFURT AM MAIN
KRIEG IN DER UKRAINE DÄMPFT KONJUNKTURELLE ENTWICKLUNG
Die Folgen des Krieges in der Ukraine machen die Hoffnung auf eine nachhaltige konjunkturelle Erholung zunichte. Nachdem die Stimmungslage unter den Mitgliedsunternehmen im IHK-Bezirk Frankfurt am Main zu Jahresbeginn 2022 noch in Richtung Wirtschaftswachstum zeigte, nehmen die ohnehin schon großen wirtschaftlichen Unsicherheiten (insbesondere hohe Energiepreise und Lieferengpässe) durch die kaum abschätzbaren weiteren Eskalationsstufen des russischen Angriffskrieges weiter zu und manifestieren sich in negativen Geschäftserwartungen. Das größte Geschäftsrisiko liegt in den hohen Energie- und Rohstoffpreisen. Branchenübergreifend haben 53 Prozent der Betriebe die höheren Kosten bereits weitergereicht oder beabsichtigen dies in Kürze. Auch das Risiko von zu hohen Arbeitskosten steigt in der Gesamtwirtschaft weiter an. Grund hierfür sind potenziell steigende Lohnforderungen aufgrund der hohen Inflation.
STIMMUNG IM BAUGEWERBE VERSCHLECHTERT SICH
Zum wiederholten Mal verschlechtert sich die Stimmung im Baugewerbe. 39 Prozent der Baubetriebe erwarten eine schlechtere künftige Geschäftslage. Die Unternehmen der Baubranche zeigen sich zwar etwas investitionsfreudiger als zum Jahresbeginn, die Einstellungsbereitschaft nimmt aber ab. Am meisten Sorgen bereiten den Bauunternehmen der Fachkräftemangel (77 Prozent), zu hohe Energie- und Rohstoffpreise (75 Prozent) sowie ansteigende Arbeitskosten (55 Prozent). Besorgniserregend ist der zunehmende Fachkräftemangel in der Branche, welcher sich aufgrund der demografischen Entwicklung in den kommenden Jahren noch verschärfen wird. Während die Nachfrage nach Arbeitskräften in den nächsten Jahren nur geringfügig abnehmen wird, sinkt im Gegenzug das Angebot durch die Verrentung geburtenstarker Jahrgänge, der sogenannten Babyboomer, stetig. Um die Fachkräftelücke zu verringern, sind die hiesigen Unternehmen vor allem auf den Zuzug von qualifizierten Arbeitskräften angewiesen – sei es aus anderen Regionen Deutschlands oder dem Ausland.
WEITERHIN ENGPASS BEI DER FLÄCHENVERFÜGBARKEIT
Die Wirtschaft benötigt ausreichend Flächen und Möglichkeiten zur weiteren Entfaltung bzw. Neuansiedlung. An vielen Standorten besteht durch Erweiterungsbedarfe ansässiger Unternehmen und überregionaler Ansiedlungsinteressierten eine hohe Nachfrage nach Gewerbe- und Industrieflächen sowie Produktionsstandorten. Im Zuge der Coronapandemie sind die Anforderungen an Büroflächen durch die zunehmende Digitalisierung, die Flexibilisierung von Arbeitszeiten und -orten sowie ein verändertes Konsumverhalten gestiegen, wodurch sich veränderte Flächenbedarfe für Unternehmen ergeben.
BÜROFLÄCHEN FRANKFURT AM MAIN
FLÄCHENUMSATZ 2021 NÄHERT SICH LANGJÄHRIGEM DURCHSCHNITT
Nach dem durch die Coronapandemie geprägten Jahr 2020 hat sich der Büromarkt von dem Nachfrageeinbruch erholt. Mit einer Steigerung von über 30 Prozent lag der Flächenumsatz auf dem Frankfurter Büromarkt (inkl. Eschborn und Offenbach-Kaiserlei) 2021 bei knapp 450.000 Quadratmetern und näherte sich wieder dem zehnjährigen Durchschnitt an.
Mit insgesamt sieben Vermietungen über 10.000 Quadratmeter – zwei davon über 20.000 Quadratmeter – wurden wieder mehr Großabschlüsse verzeichnet. Spitzenreiter sind mit 21.400 Quadratmetern die Anmietung des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) in Eschborn sowie der Abschluss von Nestlé über 20.000 Quadratmeter im Frankfurter Bahnhofsviertel. Neben den Banken und Finanzdienstleistern, die vor allem kleine und mittlere Abschlüsse im Bankenviertel und der City tätigten sowie den traditionell starken Beratungsunternehmen, sorgte insbesondere die öffentliche Verwaltung für einen hohen Flächenumsatz. Darüber hinaus erzielten die Handelsunternehmen mit Anmietungen von insgesamt über 55.000 Quadratmetern ihr stärkstes Ergebnis der vergangenen Dekade.
Die Entwicklung des ersten Halbjahres 2022 mit einem Flächenumsatz von rund 200.000 Quadratmetern ist mit einer Steigerung von mehr als 10 Prozent eine Verbesserung im Vergleich zum Vorjahresergebnis, liegt aber noch unter den Werten aus dem Jahr 2019. Die größte Anmietung mit einem Flächenumsatz von 28.000 Quadratmetern tätigte die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Eschborn.
PREISE UND MATERIALENGPÄSSE BEEINFLUSSEN FERTIGSTELLUNGSVOLUMEN
Die Rahmenbedingungen für Projektentwicklungen haben sich in den vergangenen Monaten noch einmal verschärft. Materialengpässe, Lieferkettenschwierigkeiten, der rasante Anstieg bei den Baukosten sowie der steigende Fachkräftemangel belasten die Baudynamik. Für das Gesamtjahr 2022 wird mit einem Fertigstellungsvolumen von rund 110.000 Quadratmetern gerechnet – allerdings befinden sich noch einige Immobilien im Bau, deren Fertigstellung für die Jahre 2023/2024 projektiert ist. Ein Großteil der Flächen, die 2022 noch auf den Markt kommen werden, ist aufgrund der Vorvermietungsquote von mehr als 50 Prozent bereits nicht mehr verfügbar.
Die Leerstandsquote auf dem Frankfurter Büromarkt, die sich in den zurückliegenden Jahren stetig reduzierte und im Jahr 2019 bei nur noch 6,5 Prozent lag, erhöhte sich im Zuge der Coronapandemie zum ersten Mal seit langer Zeit wieder und lag Ende 2021 bei 8,8 Prozent. Im ersten Halbjahr 2022 hat sich der marktaktive Leerstand etwas reduziert und liegt aktuell bei rund 8,5 Prozent. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Leerstand in einigen Stadtgebieten wie dem Bankenviertel und dem Westend deutlich unter dieser Quote für den Frankfurter Gesamtmarkt liegt. Insbesondere im Preissegment von bis zu 20 Euro pro Quadratmeter – in dieser Preiskategorie suchen noch immer die meisten Unternehmen – sind kaum moderne zusammenhängende Flächen zu finden. Aufgrund der Lieferschwierigkeiten und daraus resultierenden Bauverzögerungen könnte es bei gleichbleibender Nachfrage in den kommenden Monaten zu einer weiteren Verringerung des Leerstandes kommen. Unklar ist aktuell auch, ob und in welchem Rahmen geplante noch nicht begonnene Projekte zeitnah realisiert werden.
Da der Frankfurter Büromarkt weiterhin Unternehmen und Investitionen anzieht, sollte die Stadt Frankfurt bei der Planung von Flächen auch Standorte für Bürogebiete ausweisen. Es werden zunehmend moderne Bürokonzepte mit großzügigen Arbeitsplätzen, Ruhe- und Konferenzbereichen und Raum für soziale Interaktionen nachgefragt, nicht zuletzt wegen ihrer Bedeutung für die Personalgewinnung und -bindung in Zeiten eines akuten Fachkräftemangels.
DURCHSCHNITTSMIETEN LEICHT GESTIEGEN – SPITZE KONSTANT
Die Durchschnittsmieten auf dem Frankfurter Bürovermietungsmarkt verzeichneten im Jahresverlauf in fast allen Stadtteilen ein Plus von 50 Cent pro Quadratmeter. Im Schwerpunkt liegen die monatlichen Mieteinnahmen im Bankenviertel bei 32,50 Euro, in der City bei 24 Euro und in Gateway Gardens bei 18,50 Euro pro Quadratmeter. In den Gebieten Nord, Ost, Süd und West lagen die Schwerpunktpreise zwischen 10,50 und 13,50 Euro, in Eschborn bei 11,50 Euro. Die höchsten Mieten – auch aufgrund einiger hochpreisiger Abschlüsse in Projektentwicklungen und Neubauobjekten – erreichten im Bankenviertel und in der Innenstadt Werte von 46 und 38 Euro pro Quadratmeter.
EINZELHANDELSFLÄCHEN FRANKFURT AM MAIN
RÜCKGANG BEIM VERMIETUNGSUMSATZ IM EINZELHANDEL
Die Situation auf dem Markt für Einzelhandelsimmobilien ist in Frankfurt am Main weiterhin angespannt. Während einige deutsche Großstädte im ersten Halbjahr 2022 eine Trendwende im Vergleich zum Vorjahr einläuten konnten, wurden in der Mainmetropole in den ersten beiden Quartalen lediglich 6.700 Quadratmeter Fläche umgesetzt, 15 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.
Aufgrund der derzeitigen Rahmenbedingungen sind die Aussichten für den weiteren Jahresverlauf auf dem Einzelhandelsmarkt getrübt. Laut einer aktuellen Umfrage des Handelsverbandes Deutschlands (HDE) hat sich die Verbraucherstimmung infolge des Krieges in der Ukraine merklich verschlechtert. Steigende Preise und schwache Konjunkturerwartungen sorgen dafür, dass die Umsatzerwartungen für die kommenden Monate deutlich zurückgehen. Die Konjunkturumfrage zum Frühsommer 2022 der IHK Frankfurt am Main bestätigt, dass der Geschäftsklimaindex im Einzelhandel 14 Punkte verliert und mit 78 Punkten deutlich unter der stimmungsneutralen 100-Punkte-Marke liegt. Auch die Investitionsneigung und die Beschäftigungsabsichten sind negativ.
Das größte Geschäftsrisiko teilen sich eine abnehmende Inlandsnachfrage und zu hohe Energie- und Rohstoffpreise (je 68 Prozent). Letztere haben einen direkten Effekt auf die Kosten der Einzelhandelsunternehmen und befeuern gleichzeitig das Risiko einer abnehmenden Inlandsnachfrage. Die hohe Inflationsrate kann bei der Kundschaft zu einem zurückhaltenden Konsumverhalten und damit auch zu einer geringeren Nachfrage führen.
Nicht unerwartet geraten die Spitzen- und Schwerpunktmieten in den 1-a-Lagen in Frankfurt am Main unter Druck: Auf der Zeil ist das Mietniveau von Einzelhandelsimmobilien von 310 auf 280 Euro pro Quadratmeter gesunken. In den guten Lagen der Innenstadt liegt der monatliche Quadratmeterpreis in der Goethestraße bei 270 Euro und auf dem Roßmarkt bei 150 Euro. In den 1-b- und Nebenlagen variieren die Preise für Einzelhandelsflächen je nach Lage und Ausstattung zwischen 25 und 115 Euro pro Quadratmeter. Weitestgehend stabil blieb das Mietgefüge für Einzelhandelsflächen in den stadtnahen Vierteln Bockenheim, Bornheim, Nordend und Sachsenhausen mit Preisen zwischen 30 und 70 Euro in den 1-a-Lagen und 10 bis 32 Euro pro Quadratmeter in den 1-b- und Nebenlagen.
LAGER-, LOGISTIK- UND PRODUKTIONSFLÄCHEN FRANKFURTRHEINMAIN
ANGEBOTSENGPASS BEI LOGISTIKFLÄCHEN VERSCHÄRFT SICH
Der Markt für Lager-, Logistik- und Produktionsflächen in der Region FrankfurtRheinMain hat im Jahr 2021 mit 775.000 Quadratmetern Flächenumsatz ein Rekordergebnis erzielt. Nicht zuletzt aufgrund der Coronapandemie sorgten der boomende E-Commerce, die daraus hervorgehende Nachfrage nach Verteilzentren und Depots für die „Last Mile” sowie die Digitalisierung für einen steigenden Flächenbedarf von Logistikunternehmen und Datenzentren.
Mit einem Umsatzvolumen von weniger als 200.000 Quadratmetern wurde im ersten Halbjahr 2022 das niedrigste Halbjahresergebnis der letzten Jahre erzielt. Dominierend waren in den ersten beiden Quartalen die Unternehmen aus dem Bereich Transport, Verkehr und Lagerhaltung mit 45 Prozent, rund ein Drittel entfiel auf die Handelsunternehmen.
Der Umsatzrückgang ist dabei keiner nachlassenden Nachfrage seitens der Unternehmen geschuldet, sondern dem sich verschärfenden Angebotsengpass bei Logistikflächen in der Region. Vor dem Hintergrund der zahlreichen geopolitischen Unsicherheitsfaktoren und den damit verbundenen Lieferkettenproblemen verlagern Unternehmen zunehmend ihre Produktions-,Logistik-und Lagerstätten nach Deutschland. FrankfurtRheinMain ist aufgrund seiner zentralen Lage in Deutschland und Europa, seiner Wirtschaftsstärke und Bevölkerungsdichte ein stark nachgefragter Standort. Das Grundstücksangebot ist nach wie vor limitiert: Beziehbare, den Nutzeransprüchen entsprechende Flächen – sowohl großflächig als auch bei den mittleren und kleineren Flächenclustern – sind mittlerweile kaum noch verfügbar. Von den im ersten Halbjahr fertiggestellten Flächen sind aktuell weniger als 5 Prozent noch auf dem Markt verfügbar, die sich in der Planung bis Jahresende befindlichen rund 70.000 Quadratmeter sind bereits zu zwei Dritteln vorbelegt.
Die Durchschnittsmiete für Lager-, Logistik- und Produktionsflächen bis 5.000 Quadratmeter in Frankfurt am Main liegt – abhängig von Lage und Qualität – im Schwerpunkt bei 6,50 Euro und kann in Flughafennähe bis zu 8,50 Euro pro Quadratmeter betragen. Angesichts der zu geringen Neubauaktivität gepaart mit den gestiegenen Baukosten werden sowohl die Schwerpunkt- als auch die Spitzenmieten nach Ansicht der Experten in den kommenden Monaten weiter steigen.
HOCHTAUNUS- UND MAIN-TAUNUS-KREIS
PREISE FÜR BÜRO UND EINZELHANDEL BLEIBEN STABIL
In den Landkreisen des IHK-Bezirks ist der Markt für Büroflächen weiterhin konstant und es gibt kaum Preisveränderungen. Lediglich im Neubausegment und in den an Frankfurt angrenzenden Städten des Vordertaunus wurden vereinzelt Ausreißer in den Spitzenmieten registriert. Im Hochtaunuskreis beläuft sich die Spanne des Mietpreisniveaus von 4,50 Euro in Schmitten und Weilrod bis hin zu 17 Euro pro Quadratmeter im Monat in Bad Homburg. Im Schwerpunkt werden Mieten zwischen 5,50 Euro in Weilrod, 10 Euro in Kronberg und 11 Euro pro Quadratmeter in Bad Homburg realisiert.
Im Main-Taunus-Kreis wurden im Vergleich zum Vorjahr leichte Preisanstiege bei den Schwerpunktmieten in Eschborn, Hattersheim und Kriftel registriert. Die Spitzenmieten liegen bei 10 Euro in Eppstein bis hin zu 13,50 Euro in Hattersheim, Hofheim und Schwalbach und bei 14 Euro pro Quadratmeter in Bad Soden.
Als Einzelhandelsstandorte sind viele Städte im Hochtaunus- und Main-Taunus-Kreis für Unternehmen aufgrund des Bevölkerungswachstums der vergangenen Jahre und der hohen Kaufkraft interessant. Der Kaufkraftindex ist im Jahr 2021 mit 119,5 Prozentpunkten im IHK-Bezirk Frankfurt am Main mit deutlichem Abstand Spitzenreiter innerhalb der Metropolregion. Alle Städte und Gemeinden im Hochtaunus- und Main-Taunus-Kreis erreichten im Jahr 2021 Werte jenseits der 100er Marke. Viele Innenstädte in den Landkreisen zeichnen sich durch einen vielfältigen Branchenmix sowie eine hohe Aufenthaltsqualität aus.
Der Markt für Einzelhandelsflächen bleibt stabil, auch weil kaum signifikante Marktbewegungen stattgefunden haben. In den von der Kernstadt Frankfurt am Main entfernten Städten und Gemeinden werden Einzelhandelsflächen für unter 10 Euro pro Quadratmeter vermietet und erreichen im Hochtaunuskreis in den Toplagen in Bad Homburg bis zu 50 Euro und in Oberursel bis zu 25 Euro pro Quadratmeter. Im Main-Taunus-Kreis werden mit 24 Euro pro Quadratmeter in Bad Soden die höchsten Mietpreise für Einzelhandelsflächen erzielt. Die starken Preissteigerungen und das Inflationsgeschehen sorgen für ein verändertes Konsumverhalten. Die Auswirkungen auf die Einzelhandelsstandorte und das Branchengefüge bleiben abzuwarten.
Sowohl für Büroflächen als auch für den Einzelhandel gilt: Innerhalb der Landkreise reduzieren sich die Vermarktungschancen und Mietpreise für Gewerbeflächen mit zunehmender Entfernung zu guten Verkehrsanbindungen.
Weitestgehend unverändert sind auch die Preise für Lager-, Logistik- und Produktionsflächen im Hochtaunus- und im Main-Taunus-Kreis. Die Nachfrage nach gut angebundenen Gewerbe- und Industriestandorten ist weiterhin hoch – aufgrund fehlender Grundstücke für den Neubau und adäquaten Bestandsimmobilien ist das Angebot in dem Segment nicht ausreichend.
Die vollständigen Ergebnisse auf Gemeindeebene können Sie hier downloaden.