Marktberichte 24.03.2023
WIRTSCHAFTLICHE UND KONJUNKTURELLE ENTWICKLUNG DER BAU- UND IMMOBILIENBRANCHE
Die geopolitischen Entwicklungen des Jahres 2022 seit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges haben volatile Lieferketten, hohe Energie- und Rohstoffpreise und somit steigende Baukosten nach sich gezogen. Das sorgte im Herbst 2022 für historische Tiefstände bei den Konjunkturergebnissen für die Bau- und Immobilienbranche. Im Rahmen der IHK-Konjunkturumfrage zum Jahresbeginn 2023 ist eine leichte Entspannung zu beobachten. Von einer Entwarnung kann aber keine Rede sein, denn die Unternehmen bewerten ihre künftige wirtschaftliche Entwicklung in Summe immer noch überwiegend negativ.
Haupttreiber dieser Entwicklung sind für rund 73 Prozent der Unternehmen der Baubranche und 66 Prozent der Immobilienunternehmen die Energie- und Rohstoffpreise. Der Fachkräftemangel, ein seit Jahren strukturelles Problem in der Bauwirtschaft, ist für 71 Prozent der Betriebe ein Risikofaktor. Bei den Unternehmen der Immobilienwirtschaft gibt mehr als die Hälfte an, dass die allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen – insbesondere die Inflation, das Zinsniveau und die aktuelle Zurückhaltung auf dem Kaufimmobilienmarkt – ihnen Sorgen bereiten.
INFLATION
Die Inflation lag im Jahr 2022 in Deutschland im Schnitt bei 7,9 Prozent und erreichte damit ein Rekordhoch. Inflationstreiber waren dabei die Energieprodukte – so stiegen die Preise für Erdgas um knapp 65 Prozent und für Kraftstoffe um rund 27 Prozent an. Parallel erhöhten sich die Preise für Nahrungsmittel um über 13 Prozent. Mit einer hohen Inflation gehen reale Vermögens- und Einkommensverluste einher, die Auswirkungen auf die Investitionstätigkeiten haben. So ist das Preisniveau für Kaufimmobilien im IHK-Bezirk Frankfurt am Main im Frühjahr 2022 noch leicht gestiegen, stagnierte im weiteren Jahresverlauf jedoch weitestgehend, was realwirtschaftlich gleichbedeutend ist mit einer Preisreduktion.
BAUZINSENTWICKLUNG
Nach einer langen Nullzinsphase hat die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins zwischen Juli und Dezember 2022 in mehreren Schritten auf 2,5 Prozent angehoben. Die Leitzinserhöhungen und die Erwartungen an die weitere Geldpolitik haben die Bauzinsen vervierfacht. Für eine Standardfinanzierung wurde im Januar 2022 noch etwa ein Prozent fällig, Mitte Oktober erreichte das Niveau den bisherigen Peak mit mehr als vier Prozent. Gegen Jahresende folgte eine kurze Abwärtsbewegung. Im Februar 2023 hat die EZB den Leitzins um weitere 0,5 Prozentpunkte auf drei Prozent erhöht – weitere Erhöhungen im Laufe des Jahres sind wahrscheinlich.
DER IMMOBILIENMARKT IM IHK-BEZIRK FRANKFURT AM MAIN 2022
Der Immobilienmarkt im IHK-Bezirk Frankfurt am Main zeigte im Jahr 2022 zwei Gesichter: Im ersten Halbjahr sind sowohl die Transaktionszahlen als auch die Kaufpreise für Immobilien stabil geblieben – in einigen Teilsegmenten sogar moderat gestiegen. Ab Herbst 2022 ist die Nachfrage in einigen Bereichen um bis zu 80 Prozent eingebrochen, was sich in wesentlich längeren Vermarktungszeiten und gesunkenen Verkaufszahlen widerspiegelte. Eine Umfrage unter den Mitgliedern der Frankfurter Immobilienbörse zu Jahresbeginn 2023 zeigt, dass Kaufinteressierte verstärkt nach günstigeren Immobilien suchen und auf der Anbieterseite die Preiserwartungen zum Teil bereits reduziert wurden. Grund dafür ist für 85 Prozent der Befragten die Bauzinsentwicklung und die damit einhergehenden erhöhten Eigenkapitalanforderungen der Banken, gefolgt von den gestiegenen Energie- und Rohstoffpreisen, die den Finanzierungsbedarf noch einmal deutlich erhöhen.
Vor allem die Nachfrage nach nicht optimal angebundenen oder sanierungsbedürftigen Bestandsobjekten hat sich zum Jahresende merklich reduziert. Da zum einen die Kosten für energetische Sanierungsmaßnahmen in den Kaufentscheidungen eine stärkere Rolle spielen und zum anderen Kaufinteressierte aufgrund der gestiegenen Bauzinsen Abstriche machen müssen, sind auch die Preise in diesem Segment gefallen. Laut den Expertinnen und Experten wurden auch verstärkt Preisverhandlungen geführt, wodurch die tatsächlichen Verkaufspreise zum Teil zwischen 20 und 30 Prozent unter den ursprünglichen Angebotspreisen in den Immobilienportalen lagen. Anders verhielt es sich beim Neubau: Aufgrund der Baukostensteigerungen konnten hier keine Preisabschläge vorgenommen werden, aber auch hier ist die Nachfrage deutlich zurückgegangen.
EIGENTUMSWOHNUNGEN
Im Jahresschnitt 2022 bewegten sich die Quadratmeterpreise für Wiederverkäufe von Eigentumswohnungen in Frankfurt am Main im Schwerpunkt in den Stadtrandlagen bei 3.800 Euro in Oberrad, bei 6.000 Euro in Bockenheim und bei 7.000 Euro pro Quadratmeter im Ostend. Im Hochtaunuskreis liegen die Wiederverkaufspreise für Wohnungen im unteren Preissegment bei 1.000 Euro in Weilrod bis hin zu Höchstwerten von 7.000 Euro pro Quadratmeter in Bad Homburg. Im Main-Taunus-Kreis beginnen die Verkaufspreise von Bestandsimmobilien bei 1.400 Euro in Eppstein und betragen für gut ausgestattete Objekte in den begehrten Straßenzügen in Bad Soden 6.600 Euro pro Quadratmeter. In den beiden Landkreisen wurden im ersten Halbjahr 2022 noch leichte Preiserhöhungen über alle Teilmärkte registriert. Der Schwerpunkt bei den Kaufpreisen für Eigentumswohnungen liegt im Jahresschnitt bei den am Rande des IHK-Bezirks gelegenen Städten und Gemeinden bei 1.500 Euro und in den vorderen Taunusstädten bei 4.000 Euro pro Quadratmeter.
HÄUSERMARKT
Die Preise für Reihenhäuser und kleinere Doppelhaushälften haben sich 2022 kaum verändert, weil insbesondere in dem Segment die Angebote stark rückläufig waren. Im durchschnittlichen Standard werden in Frankfurt Preise im Schwerpunkt zwischen 325.000 Euro für Bestandsimmobilien in Fechenheim bis hin zu 800.000 Euro im Neubaubereich auf dem Riedberg erzielt. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Einfamilienhäusern. Hier gab es im Jahr 2022 wenig Verkäufe – auch, weil die Anzahl der Neubauten sinkt. So ergeben sich für Frankfurt Preise zwischen 235.000 Euro bei älteren Wiederverkaufsobjekten in den Frankfurter Randlagen und mehr als 1,6 Millionen Euro für Einfamilienhäuser in begehrten Lagen. Im Schwerpunkt werden für größere Doppelhaushälften und Einfamilienhäuser Verkaufspreise zwischen 400.000 und 1,3 Millionen Euro je nach Lage erzielt.
Aufgrund der durch die Folgen der Pandemie gestiegenen Nachfrage nach einer eigenen Immobilie mit Blick ins Grüne gab es in den ersten Monaten des Jahres 2022 zunächst leichte Preissteigerungen für Reihenhäuser und kleinere Doppelhaushälften im Hochtaunus- und Main-Taunus-Kreis. In den an Frankfurt angrenzenden Städten wie Eschborn, Hofheim und Kelkheim werden in der Spitze Verkaufspreise zwischen 750.000 und 800.000 Euro erzielt. Die Kaufpreise für Einfamilienhäuser und größere Doppelhaushälften liegen im Vordertaunus im Schwerpunkt zwischen 800.000 und 950.000 Euro und sind nach oben hin nicht limitiert. Deutlich niedrigere Kaufpreise zwischen 300.000 und 600.000 Euro pro Objekt werden in den nicht optimal angebundenen Taunusgemeinden erzielt. In den letzten Monaten sind auch in diesem Segment die Kaufpreise zum Teil deutlich gesunken.
Bei den angegebenen Werten werden sowohl Immobilien aus dem Bestand als auch Neubauten berücksichtigt. Es handelt sich dabei um marktübliche Spannen. Die Unterschiede ergeben sich dadurch, dass in die Betrachtung der Preisstruktur auch Gebäude mit einfacher Ausstattungsqualität und hohem Sanierungsaufwand mit einbezogen werden. In Einzelfällen können die tatsächlichen Marktpreise daher sowohl nach oben als auch nach unten von den genannten abweichen. Neben dem baulichen Zustand sind die Preise stark von der Größe und der Lage der Immobilie abhängig.
BAUGRUNDSTÜCKE FÜR MIETWOHNUNGSBAU
Die aktuell für den Eigentumsmarkt geltenden Rahmenbedingungen haben auch die Kaufpreise für Baugrundstücke für den Mietwohnungsbau stagnieren lassen. Die Preisspanne von Grundstücken reicht von 90 Euro in Weilrod bis zu 1.600 Euro pro Quadratmeter in Bad Homburg. Im Vordertaunus liegt der Schwerpunkt bei rund 900 Euro, in den nicht ganz optimal angebundenen Städten im Umland werden Baugrundstücke im Schnitt zwischen 120 und 250 Euro
pro Quadratmeter veräußert.
Bei der Frage nach den größten Herausforderungen für den Wohnungsmarkt im IHK-Bezirk Frankfurt am Main nennen die Unternehmen den Angebotsmangel an Bauland für den Wohnungsbau. Die Nachfrage nach Baugrundstücken in präferierten Lagen mit einer guten Verkehrs- und Bahnanbindung ist in den Landkreisen unverändert hoch. Aufgrund des Bevölkerungswachstums steigt der Bedarf nach beziehbarem Wohnraum für Fach- und Arbeitskräfte im IHK-Bezirk Frankfurt am Main. Daher appellieren die Mitglieder der Frankfurter Immobilienbörse an die Städte und Gemeinden in der Region, mehr Bauland für Wohnimmobilien auszuweisen und zu erschließen.
MIETWOHNUNGEN
Die unter den Mitgliedern der Frankfurter Immobilienbörse durchgeführte Umfrage zeigt, dass steigende Bauzinsen und die Verteuerung von Rohstoffen und Bauleistungen dazu geführt haben, dass ehemals Kaufinteressierte auf Mietobjekte ausweichen. Die Folge: eine Verschärfung der Situation auf dem Mietwohnungsmarkt. Vor allem die Spitzen- und Schwerpunktmieten in den beliebten Lagen und im Neubausektor sind im Frankfurter Stadtgebiet im Jahr 2022 gestiegen. Die Preise für eine Wohnung in den westlichen Stadtteilen sowie in Fechenheim und Schwanheim liegen zwischen 10 und 12 Euro pro Quadratmeter. Mit zunehmender Nähe zur Innenstadt liegen die Schwerpunktmieten in Bockenheim und Bornheim bei 14 Euro, in Sachsenhausen bei 14,50 Euro und in den Gründerzeitvierteln und den Neubaugebieten durchschnittlich zwischen 15 und 18 Euro pro Quadratmeter.
Analog zu den Entwicklungen in der Mainmetropole sind die Spitzen- und Schwerpunktmieten in den beiden Landkreisen moderat gestiegen, während sie in den weniger präferierten Lagen oder mit einer einfachen Ausstattung stabil geblieben sind. Dort beginnen die Mietpreise bei 5 Euro und in den vorderen Taunusstädten bei 8,50 Euro beziehungsweise 9 Euro pro Quadratmeter – im Spitzensegment werden unter anderem in Bad Soden, Königstein und Oberursel Mietpreise bis zu 16 Euro pro Quadratmeter erzielt. Die Schwerpunktmiete liegt in den Städten und Gemeinden des Hintertaunus aktuell im Schnitt bei rund 7,50 Euro. Mit zunehmender Nähe zu Frankfurt liegt die Schwerpunktmiete in Friedrichsdorf, Schwalbach, Steinbach und Sulzbach bei 10 Euro und in Bad Soden, Eschborn und Kronberg bei 12 Euro pro Quadratmeter. Je nach Ausstattung und Lage werden diese Preisspannen in einigen Stadtteilen sowie in ausgesuchten Einzelfällen deutlich überschritten.
RENDITEOBJEKTE (JAHRESMIETFAKTOR)
Der Jahresmietfaktor gibt das Vielfache der Jahresnettomiete (Kaltmiete) im Verhältnis zum Nettokaufpreis an. Bestimmt werden die Multiplikatoren durch die jeweilige Einstiegs- bzw. Bestandsmiete bei Erwerb. Für das Jahr 2022 werden im Schwerpunkt Kaufpreise, die im niedrigen 20-stelligen Bereich liegen, wie beispielsweise in Fechenheim, Oberrad, Sossenheim und Unterliederbach, bis hin zum über 30-fachen, wie im Nordend und in Sachsenhausen, aufgerufen.
Im Westend liegt der Jahresmietfaktor im Schnitt bei dem 34-fachen und in der Spitze bei über dem 40-fachen. Die Werte beziehen sich auf die ersten Monate des Jahres 2022, insbesondere die Spitzenwerte konnten zuletzt nicht mehr erreicht werden.
In den Landkreisen beginnt der Jahresmietfaktor beim 10-fachen und reicht in Einzelfällen bis zum 28-fachen in Bad Homburg. Der Schwerpunkt liegt in Hofheim, Kelkheim und Oberursel bei Faktor 21.
FAZIT UND AUSBLICK IMMOBILIENMARKT 2023
Der Immobilienmarkt im IHK-Bezirk Frankfurt am Main befindet sich zu Jahresbeginn 2023 in einem Spannungsfeld zwischen hohen Energie- und Rohstoffpreisen, erschwerten Finanzierungskonditionen durch gestiegene Bauzinsen, fehlenden Fach- und Arbeitskräften und einer hohen Inflationsrate. Die Summe der aktuellen wirtschaftlichen und konjunkturellen Herausforderungen wird zum Bremsfaktor für die weiteren Neubauaktivitäten in der Region. Das Baugewerbe berichtet bereits von zum Teil massiver Zurückhaltung bei der Planung und Projektierung von Neubauvorhaben. Auch bei Investitionen im Bestand herrscht derzeit eine deutliche Zurückhaltung, was unter anderem aus den gestiegenen Anforderungen an energetische Sanierungen und den allgemeinen baurechtlichen und bürokratischen Vorgaben resultiert. Inwieweit sich die derzeitige Kaufzurückhaltung im Laufe des Jahres 2023 fortgesetzt, bleibt abzuwarten. Die Expertinnen und Experten der Frankfurter Immobilienbörse rechnen mit stagnierenden Beziehungsweise mit sinkenden Kaufpreisen.
Damit der Wohnungsbau nicht zum Erliegen kommt, sollte der Fokus nun auf dem Abbau der Investitionshemmnisse liegen. Dazu gehören eine Reduzierung der Planungs- und Genehmigungszeiten ebenso wie eine Lockerung von baurechtlichen Vorgaben und kommunalen Vorschriften, um beispielsweise den Dachausbau und Aufstockungspotenziale zu erleichtern. Durch gezielte Fördermaßnahmen sollten Investitionen in den Neubau und Bestand erleichtert werden.
Die vollständigen Ergebnisse auf Gemeindeebene können Sie hier downloaden.